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05. Juni 2025 | Kilian Rüfer

Stromvermarktung ohne Förderung: Wann eignen sich Power-Purchase-Agreements?

Ein PPA ist ein Vertrag über die Lieferung von Strom. Er wird zwischen einem Erzeuger von erneuerbarer Energie und einem Abnehmer geschlossen, oft ein Unternehmen oder Versorgungsunternehmen. @Adobe Stock

Erneuerbare Elektrizität ist so preiswert geworden, dass sie außerhalb von staatlichen Vergütungsmodellen vermarktet werden kann. Eine Möglichkeit hierfür ist der Abschluss von den als “Power Purchase Agreements” (PPA) bekannten Stromlieferverträgen. Markttrends deuten darauf hin, dass diese eine zunehmend wichtigere Rolle einnehmen können. Aber in welchen Fällen sind PPAs heute bereits die beste Vermarktungsoption? Und wie können Projektentwickler von Neuanlagen und Betreiber von Post-EEG-Anlagen herausfinden, ob für sie eine Stromvermarktung über PPAs infrage kommt?

Beginnen wir mit der Definition: Ein PPA ist ein langfristiger Stromliefervertrag zwischen einem Erzeuger von erneuerbarer Energie (z. B. einem Wind- oder Solarpark) und einem Abnehmer, häufig ein Unternehmen oder Versorgungsunternehmen. Dabei verpflichtet sich der Abnehmer, den produzierten Strom zu einem im Voraus festgelegten Preis und für einen festgelegten Zeitraum (oft 10 bis 20 Jahre) abzunehmen. PPAs bieten finanzielle Sicherheit für den Erzeuger, indem sie feste Einnahmen garantieren, und ermöglichen dem Abnehmer den Zugang zu erneuerbarem Strom, oft zu niedrigeren und stabileren Preisen als auf dem freien Markt. Die erneuerbaren Kraftwerke können, aber müssen dafür nicht direkt am Verbrauchsort angesiedelt sein.

Der PPA-Markt von heute

PPAs sind kein neues Konzept und existieren bereits seit mehreren Jahrzehnten. Ursprünglich wurden sie in den 1980er Jahren zwischen den Betreibern konventioneller Kraftwerke und Energieversorgern geschlossen. In den 2000er Jahren wurden in den USA erste langfristige PPAs zur Versorgung von großen Technologieunternehmen mit erneuerbaren Energien abgeschlossen. Vorreiter in Europa waren in den 2010er Jahren das Vereinigte Königreich, Spanien, Skandinavien, Deutschland und die Niederlande. Im vorherigen Jahrzehnt entwickelte sich zudem in Australien ein florierender PPA-Markt.

Der PPA-Dealtracker der europäischen RE-Source Plattform dokumentiert PPAs für Wind- und Solarstrom in Europa. Heute ist in Europa Spanien mit einer vertraglich gesicherten Kapazität von 11,6 GW Spitzenreiter, vor Deutschland (6,9 GW) und Schweden (4,6 GW). Die Strom abnehmenden Vertragspartner stammen überwiegend aus den Sektoren Informations- und Kommunikationstechnik und der Schwerindustrie. Die größten PPA-Stromabnehmer in Europa sind Amazon, Google, Microsoft und der Aluminiumhersteller Alcoa.1 2 Zwischen 2023 und 2024 ist der europäische Markt um 14 % gewachsen, am stärksten dabei das Segment der Corporate PPAs.3

Den deutschen PPA-Markt prägen ungeförderte Solarparks und Post-EEG-Anlagen

In Deutschland gibt es vier sehr unterschiedliche PPA-Märkte. Der größte Markt besteht für neu gebaute Solarparks > 20 MW, die nicht vollständig über die Marktprämie gefördert werden können. Mindestens der überschüssige Teil oberhalb der 20 MW muss am Markt, häufig über PPAs, vermarktet werden.

Der zweite wichtige Markt besteht für erneuerbare Energieanlagen, die nach ihrem Förderzeitraum von 20 Jahren aus dem EEG fallen. Zudem werden in Deutschland PPAs für Offshore-Windparks und temporär für EEG-Anlagen abgeschlossen, die dafür zur Preisfixierung zwischenzeitlich in die „sonstige Direktvermarktung“ wechseln.4

In Deutschland gibt es einen wachsenden Anteil ungeförderter Solarparks. Einen Eindruck zu dessen Umfang bietet eine Auswertung des pv magazine für Oktober 2024, als etwa ein Viertel des PV-Zubaus ungeförderte Solaranlagen waren, die sich etwa zu 80 Prozent auf Freiflächen befunden haben.5 Der Großteil der Solarparks wird in Deutschland jedoch über Marktprämien gefördert, die über EEG-Ausschreibungen bestimmt werden.6

Setzt man Deutschlands 6,9 GW PPA ins Verhältnis mit den 166 GW, die insgesamt an Wind und Photovoltaik installiert sind, zeigt sich, dass der PPA-Anteil noch bei nur etwa 4 % liegt.7 Bis 2030 könnte laut einer Analyse der Marktoffensive EE der Anteil bis 2030 rund ein Viertel des Strombedarfs decken – sofern sich die Rahmenbedingungen dafür gut entwickeln.

Eignen sich PPAs für mein Projekt?

Die Antwort liegt auf der Hand: Ja, wenn es die über den Gesamtzeitraum gesehen lukrativste Stromvermarktungsoption ist. Ausschlaggebend ist also ein Erlösvergleich der unterschiedlichen Vermarktungsoptionen. Anschließend werden die Erlösmöglichkeiten den erforderlichen Ausgaben (Stromgestehungskosten) gegenübergestellt. Die verfügbaren Vermarktungsoptionen und Konditionen ändern sich immer wieder und unterscheiden sich von Land zu Land. In Deutschland, dem Heimatmarkt von meteocontrol, stehen derzeit folgende Vermarktungsoptionen zur Verfügung:

@Eigene Recherche

In Deutschland kommen PPAs weitgehend nur für Solarparks > 20 MW, neue Offshore-Windparks und Post-EEG-Anlagen zum Einsatz. 

Bei Post-EEG-Anlagen sind PPAs meist erst ab einer Größe von mindestens 1 MW wirtschaftlich sinnvoll. Für Post-EEG-Anlagen zwischen 100 kWp bis 1 MW ist überwiegend die Direktvermarktung die bessere Lösung, da sie einfacher ist und Standardlösungen am Markt verfügbar sind. 

Bei großen Solarparks kann zwischen dem Marktprämienmodell (Ausschreibungen) und Power Purchase Agreements gewählt werden. Große Player mit entsprechender Expertise können den Strom direkt am Spotmarkt vermarkten. Wichtig für die Praxis ist, dass auch Hybridlösungen sinnvoll sein können, wie z. B.: PPA + Eigenverbrauch, Marktprämie + Reststrom als PPA oder PPAs mit Börsenpreisbindung.

Für die Umsetzung von PPAs ist entsprechendes Know-how erforderlich. Eingebunden werden können u.a. spezialisierte Beratungshäuser und Kanzleien, sowie Direktvermarkter, die PPA-Services im Angebotsportfolio haben. 

Welcher Verkaufspreis lässt sich über PPAs erzielen?

Zur Ermittlung von PPA-Preisen in Deutschland existieren zwei gängige Modelle: Das verbraucherorientierte Modell berücksichtigt den erwarteten Strompreis für Endkunden, die garantierte EEG-Einspeisevergütung und den Marktwert der Anlage inklusive Herkunftsnachweisen. Es eignet sich besonders für einfache PPA-Modelle mit kleineren Abnehmern, bei denen Vergleichswerte wie EEG oder Börsenpreise zur Orientierung dienen.8 Damit eignet es sich für viele Post-EEG-Anlagen. Mit kleinen PPAs lassen sich tendenziell etwas höhere Preise pro kWh erzielen. Kleinere Abnehmer haben eine höhere Zahlungsbereitschaft, da sie sich mehr am Endkundentarif orientieren. 

Das zweite Modell orientiert sich stärker am Terminmarkt und nutzt den Baseload-Preis. Das ist der durchschnittliche Strompreis, den eine Anlage am Markt erzielen kann, wenn sie gleichmäßig Strom liefert – also rund um die Uhr. Davon abgezogen wird ein Abschlag für das Erzeugungsprofil (z.B. mittags viel, nachts nichts), Vermarktungskosten und Risikoaufschläge; anschließend wird der Wert der Herkunftsnachweise addiert.9 Dieses Verfahren kommt vor allem bei strukturierten PPAs mit professionellen Abnehmern wie Industrieunternehmen oder Energiehändlern zum Einsatz. Bei größeren PPAs ist das Preisniveau geringer. Die Verträge sind strukturierter, laufen länger und sind komplexer. 

Das Beratungsunternehmen Enervis publiziert in seinem PPA-Preistracker monatlich PPA-Preise. Errechnet werden sie für 10-jährige Photovoltaik-PPA anhand von Baseload-Preisen.10 Die so ermittelten Preise sind im folgenden Diagramm blau dargestellt. Im Vergleich zu den durchschnittlichen Zuschlagswerten aus den PV-Auktionen zeigt sich, dass bis Juli 2023 PPAs lukrativer waren. Seitdem ist dies nur noch teilweise der Fall.11 Vergleicht man die Erlöse mit den durch das Fraunhofer-Institut ermittelten Bandbreite an Stromgestehungskosten für Solarparks im Jahr 2024 (3,1-5 ct./kWh)12, dann zeigt sich, dass unter den aktuellen Bedingungen nicht alle Solarpark-Projekte wirtschaftlich tragfähig sind. 

@Eigene Darstellung nach pv magazine/Enervis, Bundesnetzagentur und Fraunhofer ISE

Generell unterliegen sowohl die regulatorischen Randbedingungen für staatliche Vergütungsmodelle und die Marktpreisentwicklungen immer wieder Veränderungen, weshalb der dargestellte Zeitraum nur eine Momentaufnahme ist. Folgerichtig bedarf es immer einer sorgfältigen und aktuellen Einzelfallprüfung, um das aktuell lukrativste Modell für die Stromvermarktung auszuwählen.  

Der PPA-Markt von morgen

PPAs stehen im Wettbewerb mit staatlichen Vergütungssystemen. Im Koalitionsvertrag hat sich die Deutsche Bundesregierung das Ziel gesteckt, dass sich erneuerbare Energien perspektivisch vollständig am Markt refinanzieren können. Umgekehrt bedeutet das, dass staatliche Vergütungsmodelle sukzessive zurückgebaut werden. Zugleich soll ein gesicherter Investitionsrahmen mit verstärkter Einbindung marktwirtschaftlicher Instrumente geschaffen werden.13 

Ein wesentlicher Faktor für die Zukunftsfähigkeit von PPAs ist deren Finanzierbarkeit. Diese hängt stark von der Bonität der Stromabnehmer ab. Deshalb fordert die Europäische Union in der 2024 verabschiedeten Electricity Market Directive (EMD) ihre Mitgliedstaaten auf, geeignete Instrumente zur Risikoabsicherung für PPAs zu prüfen und einzuführen. Ziel ist es, Projektentwicklern Zugang zu günstigerem Kapital zu ermöglichen.14

Darüber hinaus stärken auch klimapolitische Maßnahmen wie die Verschärfung des EU-Emissionshandels den PPA-Markt: Emissionsintensive Industrien erhalten durch PPAs einen Anreiz zur Dekarbonisierung ihrer Stromversorgung.15 Gleichzeitig entstehen neue Herausforderungen – etwa durch negative Strompreise, die bislang kaum in klassischen PPA-Modellen berücksichtigt sind. Hier sind innovative Vertragslösungen gefragt.16

PPAs gewinnen auch in anderen Weltregionen an Bedeutung – sowohl als Instrument zur Projektfinanzierung als auch als strategischer Hebel für Unternehmen, um ihre Energieversorgung zu dekarbonisieren und Preisrisiken zu mindern.

In den USA treiben neben der steigenden Nachfrage nach grünem Strom insbesondere neue steuerliche Anreize durch den Inflation Reduction Act das PPA-Wachstum an.17 Vor allem Großabnehmer aus dem Technologiesektor (Google, Meta, Amazon) setzen auf langfristige Verträge zur Absicherung gegen volatile Märkte und zur Erfüllung von ESG-Zielen.18

In Lateinamerika, Afrika und Teilen Asiens hingegen ersetzen PPAs häufig staatliche Fördermechanismen. Dort dienen sie als zentrale Voraussetzung für die Realisierung von Wind- und Solarprojekten, da klassische Einspeisevergütungen fehlen. 

PPAs sind global gesehen auf dem Vormarsch. Angetrieben wird der PPA-Markt von morgen von sinkenden Stromentstehungskosten erneuerbarer Energien, Dekarbonisierungszielen und dem Rückzug staatlicher Subventionen. Über PPAs können sich Projektierer dennoch Planungssicherheit verschaffen, womit zudem die Unabhängigkeit von Fördersystemen steigt. Der Erfolg des PPA-Marktes hängt außerdem am Börsenstrompreis und der Ausgestaltung von stabilen Rahmenbedingungen.
 


1 PPA deal tracker (RE-Source Platform, 3/2025)

2 The European PPA-Market in 2024 (synertics) 

3 Corporate PPAs treiben den Markt (pv magazine)

4 PPA-Marktanalyse Deutschland 2023 (DENA)

5 Bislang 1,36 Gigawatt Photovoltaik-Zubau für Oktober registriert (pv magazine) 

6 Solarenergie in Deutschland boomt (DIW 2024)

7 Installierte Netto-Leistung zur Stromerzeugung in Deutschland in 2024 (Energy-Charts, 11/2024)

8 Power Purchase Agreement (node energy) 

9 Power Purchase Agreements (next-kraftwerke.de)

10 PPA-Preistracker (pv magazine / enervis)

11 Ausschreibungsergebnisse (Bundesnetzagentur) 

12 Studie: Stromgestehungskosten erneuerbare Energien (Fraunhofer ISE)

13 Koalitionsvertrag 21. Legislaturperiode (April 2025) 

14 Risikoabsicherung für PPAs stärkt den Ausbau Erneuerbarer Energien (pv magazine)

15 Die PPA-Metamorphose: Deutschlands Energiemarkt im Wandel (Rödl & Partner) 

16 Global Renewables Market Update | Q3 2024 (TRIO)

17 US clean power groups turn to longer deals to finance growth (Reuters) 

18 BloombergNEF Corporate PPA Report (2024)

Kilian Rüfer

Der Autor Kilian Rüfer ist Energieblogger und schreibt über die Energiewende, Sustainable Finance und Klimakommunikation.